Dresden – Alte Bäume sind nach neuen Erkenntnissen wahre Klimaschützer. Ein Altbaum mit einem Kronendurchmesser von etwa 20 Metern leiste in puncto Luftfilterung, Beschattung, Kühlung und CO2-Speicherung etwa so viel wie 400 Jungbäume zusammen, fand Forstexperte Andreas Roloff von der Technischen Universität Dresden bei Untersuchungen an sogenannten Methusalembäumen heraus. «Auch mir war das Verhältnis in diesem Ausmaß so nicht bewusst», sagte er. Das Ergebnis mache aber deutlich, wie sehr man Altbäume achten und pflegen müsse anstatt sie leichtfertig zu fällen. «Die derzeit bei Fällungen angeordneten Ersatzpflanzungen von ein bis drei Jungbäumen haben da allenfalls eine Alibifunktion.»
Roloff – vormals Direktor des Instituts für Forstbotanik und Forstzoologie sowie des Forstbotanischen Gartens in Tharandt bei Dresden – ist Seniorprofesser an der TU und forscht zu den Themen Baumalterung, Baumarten, Baumpflege sowie Trockenstress-Reaktionen und -Anpassung vor allem in besiedelten Gebieten.
«Mittlerweile können wir elf baumbiologische Eigenschaften definieren, welche die Lebenserwartung eines Baumes beeinflussen. Je mehr eine Baumart davon in sich vereinen kann, desto älter kann ein Baum theoretisch werden – wenn Bedingungen, Standort und Baumpflege stimmen und der Baum vor allem nicht vor seiner Zeit gefällt wird.»
Gemeinsam mit Kollegen entwickelte Roloff Kriterien für eine optimale Standortwahl bei Baumpflanzungen. Zwei Datenbanken stehen dafür zur Verfügung: In der «KLimaArtenMatrix» sind 250 Baum- und Straucharten nach ihrer Trockenstress-Resistenz gelistet. Die Datenbank «Citree» wählt anhand von 65 Kategorien die besten Bäume aus etwa 400 Arten und Sorten für einen Standort aus.
Weil aber die beste Datenbank nicht hilft, wenn Bäume nicht fachgerecht Pflege erhalten, können Absolventen der Forstwissenschaften und Berufstätige in Zertifizierungskursen vom Deutschen Baum-Institut auch die Baumkontrolle und Baumpflege von der Pike auf lernen, hieß es.
Der wohl älteste Baum in Sachsen – die auf 800 Jahre geschätzte Collmer Linde – konnte unlängst durch eine außergewöhnliche Rettungsaktion vor dem Auseinanderbrechen bewahrt werden. Acht Frauen und Männer kürzten mit Handsägen Ast für Ast auf ein richtiges Maß. Damit sei die Collmer Linde nun für weitere Lebensjahrzehnte gesichert und gerüstet, betonte Roloff.
Zum «Tag des Baumes» am kommenden Dienstag gibt es überall in Sachsen Aktionen zum Schutz der Bäume. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Dresden verknüpft das mit der Forderung nach mehr Bäumen in der Stadt. «Die fortschreitende Klimakrise zeigt sich auch in Dresden mit Hitze- und Trockenheitsphasen und hat für Schäden und Ausfälle im Dresdner Stadtbaumbestand gesorgt», hieß es. Bereits heute zeige sich, dass es in Vierteln mit wenig Grün mehr als fünf Grad wärmer sein könne.
Man dürfe sich nicht von den aktuellen Regenfällen und der dadurch frühlingshaft grünen Stadt täuschen zu lassen, betonte der Dresdner BUND-Vize Daniel Blume. «Das Thema Stadtbäume muss dauerhaft auf der Tagesordnung bleiben.» Ein großer, möglichst klimaresilienter Baumbestand in allen Stadtteilen sei eine zwingend notwendige Investition in die Zukunft.
«Einerseits brauchen wir Menschen den Schutz der Bäume, um in Dresden sicher und gesund leben zu können – andererseits brauchen die Stadtbäume unseren Schutz», ergänzte Vorstandsmitglied Louise Hummel-Schröter. In diesem Sommer will der BUND mit einer Kampagne für mehr Bäume in der Stadt werben.
Nach Darstellung des BUND sind Stadtbäume de facto Alleskönner. «Sie kühlen durch Verdunstung sowie Schattenwurf ihre Umgebung, produzieren Sauerstoff und binden CO2. Mit ihren Blättern oder Nadeln dämpfen sie den Stadtlärm und filtern den Feinstaub aus der Luft. Sie senken die Windgeschwindigkeit und sorgen so dafür, dass weniger Staub aufgewirbelt wird.» Gleichzeitig seien sie das Zuhause zahlreicher Tierarten. Und nicht zuletzt machten sie für den Menschen die Jahreszeiten erlebbar.
(dpa)
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